Südtirol - Weinkultur im Aufbruch

Sich in Südtirol zu verlieben, ist einfach. Gerade, wenn man Wein liebt. Und trotzdem ist die Region spannend wie nie. Warum? Wir haben sieben Beispiele zusammengetragen, wo diese Weinregion gerade richtig Gas gibt.

Es tut sich was in Südtirol - und zwar für Weinfans und alle, die es vielleicht werden wollen. Die Region hat viel zu bieten, das weiß jeder. Die Alpen ganz im Norden, die mediterranen Obstplantagen mittendrin, die Dolomiten natürlich und dazwischen tausende von romantischen Flecken, historischen Bauwerken und Genuss-Orten.

Und überall: Wein. In einer spannenden Vielfalt, die in Anbetracht der geringen Größe der Region einmalig ist. Und damit meinen wir nicht nur viele unterschiedliche Rebsorten, sondern auch geologische, kulturelle, menschliche, klimatische und weinbauhistorische Diversität.

Wir haben für Euch mal fleißig zusammengetragen, was alles gleichzeitig passiert, um die ganze Region und ihre Weinwelt noch spannender zu machen. Hier unsere sieben Gründe, warum sich der nächste Ausflug nach Südtirol noch mehr lohnen wird…

Grund Nr. 1: Schlafen zwischen den Reben

Viele Weingüter schaffen neue Übernachtungsmöglichkeiten - ganz nah am Wein, umgeben von Reben, mitten in der täglichen Weinbergs-Arbeit, mit Verkostungsmöglichkeiten und dem ganzen Charme des Weins in jedem Winkel.

Dabei entsteht eine neue Verbindung zwischen dem Thema Wein und dem Tourismus. Geprägt von Nähe und dem langsamen Rhythmus der Natur. Nicht ohne Grund sind Weinreisen gefragt. Denn sie verbinden Genuss, Entschleunigung und authentische Erlebnisse mit Charakter-Menschen.

Es gibt eine ganze Reihe von Weingütern in Südtirol, bei denen man direkt übernachten kann und es werden kontinuierlich mehr. Dabei reicht die Bandbreite vom kleinen Winzerhof bis zum umgebauten mittelalterlichen Ansitz - von der gemütlichen Ferienwohnung bis zum Luxus Chalet.

Ein brandneues Beispiel, das es in sich hat: Erst vor wenigen Wochen wurden die Türen geöffnet zu den „Suites“ des Weinguts Castel Sallegg. Komplett neu, mitten zwischen den Weinreben in Kaltern, und einfach nur atemberaubend schön.

Vom Frühstück direkt in den Verkostungsraum? Kein Problem. Wein und Entspannung sind hier einfach perfekt vernetzt - egal, ob mit dem kleinen Aperitif-Rosé beim Einchecken, mit einem Glas Pinot Bianco auf der Terrasse oder mit der Rundum-Verkostung am Nachmittag. Durch die Reben kann man in drei Minuten in die Altstadt von Kaltern schlendern. Einfach genial!

Grund Nr. 2: „Das pfeift“ - die Entwicklung der Weine

Auch bei den Weinen selbst gibt es unglaublich viel Bewegung. Wir haben fleißig probiert und waren mehr als einmal wirklich begeistert. Ein neuer Weinstil breitet sich aus, der unseren Geschmack voll trifft - noch mehr Frische, Lebendigkeit, Leichtigkeit. Aber immer Herkunft, Herkunft, Herkunft.

Einige neue Weine bringen das Thema Weinqualität auf ein völlig neues Level. Um nur ein paar zu nennen, die uns richtig gut gefallen oder sogar komplett geflasht haben:

  • Das Weingut Wildmonn, bislang bekannt für seine Pinot Noirs, hat ganz neu einen Chardonnay im Programm, der burgundischer kaum sein könnte und mit einem unglaublichen Preis-Genuss-Verhältnis begeistert.

  • Die Kellerei Neustift (mit dem tollen Kloster) hat den Sylvaner in neue Höhen gehoben: Das ist Sylvaner in burgundisch, mit ätherischer Kräuterfrische und endloser salzig-mineralischer Länge. Name des guten Stücks: „Vigna Stiftsgarten“ Sylvaner, aktueller Jahrgang 2019.

  • Bei den „jungen Wilden“ hat Michael „Michi“ Puff einen neuen Weißburgunder am Start, der die Weinszene im Eisacktal definitiv bereichern wird.

  • Schon länger groß: Castelfeders „Kreuzweg“ Chardonnay. Vielleicht der Chardonnay, der in jedem Burgunder-Tasting eine ganze Menge Weine an die Wand klatschen würde.

  • Von unserer Liebe für die kühlen und schlanken Weine von Daniel Sigmund habt Ihr ja schon tausend Mal gehört. Noch gar nicht lange in der Selbstvermarktung für uns schon jetzt ein Star der Region.

Und es gibt tatsächlich noch eine Menge mehr toller Beispiele. Und auch bei den großen Kellereien hat sich viel getan und tut es kontinuierlich weiter. Ein Beispiel: der „Aristos“ Kerner von der Kellerei Eisacktal - brillant mineralisch und konsequent kühl in der Stilistik.

Sehr schön auch der Vernatsch vom Weingut Fliederhof. Mit Stielen vergärt und unfiltriert abgefüllt - perfekt frisch mit ganz viel Drive. Das Gleiche macht Lageder zum Beispiel mit seinem Pinot Bianco, der uns einmal mehr mit seiner enormen Frische begeistert hat.

Wir könnten die Liste noch verlängern, wollen aber niemanden langweilen. An dieser Stelle einfach nur Bravo an all die Produzenten, die experimentierfreudig neue Wege gehen und mit wirklich überzeugenden Neuheiten glänzen.

Was uns auch begeistert hat, ist der klarere Rebsortenfokus in einigen Teilregionen. Es ist eine gute Sache, wenn sich zum Beispiel das Eisacktal auf eine Rebsorte wie den Sylvaner fokussiert und hier Spannendes hervorbringt. Auch die Entwicklung der Blauburgunder aus der Lage Mazon ist einfach eine Freude.

Grund Nr. 3: Die neue Lagenklassifizierung in Südtirol

Denn Mazon ist ein sehr gutes Beispiel für das Thema „Lage“ in Südtirol. Auch hier hat sich nach vielen Jahren der politischen Bemühungen ein echter Durchbruch ereignet. Und das ist noch gar nicht so lange her: Seit diesem Jahrgang dürfen die Südtiroler Produzenten eine Reihe besonderer Weinlagen auf ihren Etiketten hervorheben. Und Einige davon haben das Potenzial, Marken zu werden wie sonst nur das Chablis, der Scharzhofberg oder der Zierregg.

Vorausgegangen ist dieser Entwicklung eine umfangreiche Bestimmung, Bewertung und der historische Nachweis einer ganzen Reihe von Einzellagen in der Region Südtirol. Insgesamt 86 sind es am Ende geworden. Wer jetzt gleich schreit „Viel zu viele“, der sei an die enorme Diversität der Region erinnert. Natürlich wird der normale Weintourist niemals alle 86 Lagen im Kopf behalten können, aber darum geht es auch gar nicht.

Gleichzeitig wurden maximal fünf Rebsorten pro Weinlage festgelegt, die das jeweilige Terroir am besten zum Ausdruck bringen. Auch das auf den ersten Blick vielleicht viel, aber das ist definitiv eine hilfreiche Handhabe für alle, die nach Herkunftsqualität in den Weinen suchen. Wir haben es schnell als spannenden Kompass durch die bislang überwältigend hohe Komplexität der Region empfunden.

Wir hatten die Freude, mit Martin Hofstätter vom Weingut J. Hofstätter tief in die Thematik einzutauchen. Das Besondere an diesem Weingut: Sie besitzen Weinlagen rechts und links der Region - eine einmalige Begebenheit, da historisch der Fluss Etsch mit seinen schlammigen Wiesen das Tal strikt getrennt hat. Und während man jeweils auf die andere Seite des Tals schaut, blickt man önologisch betrachtet in eine komplett andere Welt. Darum ist der Lagen- und Terroirfokus so entscheidend.

Kleiner Tipp: Am besten zu erkunden ist das Ganze übrigens mit einer so genannten „4x4 Tour“ durch die Weinberge. Dabei geht es im 8-Sitzer-Geländewagen des Weinguts J. Hofstätter hoch hinaus - und gleichzeitig tief hinein in die Spezifika der Lagen mit passender Verkostung direkt vor Ort. Eines der vielfältigen neuen önotouristischen Angebote, die die Region zu bieten hat.

Grund Nr. 4: Die schlaue Verbindung zwischen Wein und Tourismus

Wer sich in die Details von Tourismus-Marketing und Weinbau vergräbt, kann schnell frustriert werden. In vielen Regionen Deutschlands zum Beispiel will die kluge Verknüpfung der beiden Themen einfach nicht gelingen. Dabei könnten beide so fantastisch voneinander profitieren.

Denn wenn die Touristen Weinbegeisterung tanken, geht es den Produzenten gut und wenn viele Weinfreaks die Region besuchen, boomt der Tourismus. Doch oft ist das nicht die gelebte Realität. Dazu braucht es Menschen, die das Problem durchschauen und an den richtigen Stellen Verknüpfungen schaffen. Und hier ist Südtirol inzwischen einen Schritt weiter.

Hier ein geradezu simples und trotzdem geniales Beispiel: Was vielleicht die Wenigsten wissen, die meistens mit dem Auto unterwegs sind - es gibt in dieser Region ein super ausgebautes Netzwerk von Radwegen, die alle spannenden Orte miteinander verbinden. Was jetzt noch fehlte, sind die passenden Guides mit Weinverständnis: voila - die „Wine-Bike-Ambassadors“ sind geboren.

Zertifizierte Guides mit Weinwissen begleiten Euch in entschleunigtem Tempo durch die Süditroler Weinberge - irgendwo zwischen Rebsorten, Ausblick und Weingütern. Man muss es einfach mal gemacht haben: So lässt sich die Schönheit der Landschaft entspannt genießen und gleichzeitig viel Neues lernen.

Die Idee dabei ist aber keine Kopie der in manchen Regionen verbreiteten Bier-Bikes (nur diesmal mit Wein) mit dem passenden Besäufnis. Im Gegenteil: Man durchfährt das echte Gefühl für Landschaft, Menschen und Klima entspannt mit dem E-Bike und verkostet anschließend die dazu passenden Weine im Weingut. Eine Erfahrung, die eine überraschende Verbindung zwischen Region und Wein schafft.

Grund Nr. 5: Reisen im Zeitgeist

Wir leben in einer hektischen Welt. Voller Ablenkung, Oberflächlichkeit und (man muss es ehrlicherweise sagen) fehlendem Sinn oder - nennen wir es - Bodenkontakt. Das ist einer der Gründe, warum immer mehr Menschen auf Aktivurlaub setzen, der einen Zusatznutzen stiftet und Sinn liefert, wo er sonst fehlt.

„Reisen mit Mehrwert“ wäre vielleicht ein Marketing-Schlagwort. Der Mensch von heute möchte vervollständigt werden, damit er als etwas Besseres aus dem Urlaub zurück kommt, als er hineingegangen ist. Oder einfach gesagt: eine intensive Zeit, von der man später noch anderen erzählt, neue Erfahrungen, etwas neu Gelerntes. Und was eignet sich dafür besser als Wein?

Denn, wenn man mal ehrlich ist, ist Weinwissen immer noch etwas Elitäres. Wer kluge Dinge über den Wein zu sagen weiß, beeindruckt auf jeder Party. Doch wie lernt man am besten die Basics?

Auch dafür hat Süditrol inzwischen die richtigen Angebote. Unser Highlight: Ein perfekt geplanter Tag mit genialem Ausblick, tollen Weinen und ganz viel Input für das Gehirn. Die Idee hatte die Kellerei Kurtatsch im gleichnamigen Ort:

Bei der wirklich faszinierenden „Wein Expedition“ startet man auf 900m Höhe direkt zwischen den Reben mit fantastischem Ausblick. Von dort geht es weiter auf einer unglaublich vielseitigen Wanderung - viel bergab und ein wenig bergauf - zu insgesamt zwölf Stationen an den wichtigsten Weinlagen. Jedes Mal wird der dazu gehörige Wein verkostet - immer mit den interessanten Informationen zu Lage, Terroir und Rebsorte. Wer zuhört und Fragen stellt, wird reich belohnt.

Dazwischen gibt es eine feine Brettljause am Vormittag und ein 3-gängiges Mittagessen bei einem der Kurtatscher Gastronomen. Das Finale ist die Ankunft in der auch architektonisch überzeugenden Vinothek der Kellerei Kurtatsch. Einen so reichen Tag kann man als Laie in der Weinwelt nur selten erleben. Und das Ganze ist wirklich aufwändig und mit viel Begeisterung für’s Detail umgesetzt - von den ästhetischen und gehaltvollen Informationstafeln an jedem Standort bis zu den praktischen Transport-Beuteln für das eigene Weinglas.

Wer hier nichts Neues lernt, ist selbst Schuld. Ein ganz neuer Zugang zum Wein - und das auf eine liebevoll durchdachte und wirklich identitätsstiftende Weise.

Grund Nr. 6: Hotspots für Architektur-Begeisterte

Dazulernen können in Südtirol nämlich auch alle Fans von Architektur, Baukunst und Geschichte. Denn im Wein ging es schon immer um den Spannungsbogen zwischen Herkunft und Innovation. Und das wurde auf unterschiedlichste, aber immer hochinteressante Weise in die Architektur übertragen.

Die Liste der möglichen Stationen ist lang: Wenn Ihr es lieber alt mögt, dann startet unbedingt auf dem Ansitz von Alois Lageder. In den historischen Gebäuden wird man beinahe andächtig wie beim Besuch einer alten Kirche. Und im Hof wird man sofort von der atemberaubenden Kulisse aufgesogen.

Viele Weingüter haben architektonisch investiert, um sich perfekt in die Landschaft zu integrieren und nahezu unscheinbar zwischen den Weinhügeln mit der Umgebung zu verschmelzen. Ein absolutes Meisterwerk ist der Weingutsbau des Weinguts Manincor. Von außen sieht man nur die wunderschönen historischen Gebäude. Doch tief in der Erde vergraben liegt ein hochmoderner Bau mit vielen zukunftsweisenden Ideen im Thema Energieeffizienz und Kellertechnik.

Spannend designte Verkostungsräume mit viel Tageslicht gibt zum Beispiel bei der Kellerei Tramin und der Kellerei Kurtatsch. Die Kellerei Tramin ist mit ihrem modernen, von grünem Stahl in Rebblatt-Optik umkleideten Bau ohnehin ein architektonisches Statement der Extraklasse. Und in Kurtatsch lohnt es sich wirklich, mal eine Führung durch das Weingut zu machen. Hier wurde auf kreative Weise die Architektur der Lagen in die Architektur des Gebäudes übertragen.

Grund Nr. 7: Die leidenschaftliche Verbindung zwischen Gastronomie und Wein

Natürlich war Südtirol schon immer eine Genussregion. Und doch hat sich in den letzten Jahren hier nochmal Einiges getan. Für Wein- und Genussfans wie uns natürlich ein Traum, denn an vielen Orten wurden die Weinkarten nochmal deutlich ausgeweitet und qualitativ weiterentwickelt.

Die enge Verbindung zwischen Gastronomen und Weingütern ist bei jedem Aufeinandertreffen sofort spürbar. Wer hier als Besucher die Augen offenhält nach spannenden Events und Verkostungen wird schnell fündig.

Ein toller Beleg dafür ist der „Südtiroler Weinkulturpreis“ - eine Auszeichnung des Konsortiums Südtirol Wein. Seit 2004 wird er an Betriebe vergeben, die sich besonders für die regionale Weinkultur engagieren und würdigt die Leidenschaft und Expertise im Bereich des Südtiroler Weins. 

Das Spannende für alle Kulinarik-Fans dabei: Die Preisträger der letzten Jahre sind der perfekte kulinarische Guide, wenn Ihr spannende Restaurant-Tipps in der Region sucht. Jedes Einzelne ist ein Erlebnis.

Wir hatten die Freude, Bastian Winkler kennenzulernen. Er ist Head-Sommelier im Restaurant Ansitz Steinbock in Villanders - dem Preisträger im Jahr 2024. Die Weinkarte macht einfach nur Spaß: mit Tiefe, Breite und Überraschungen, Jungstars wie Altbekanntes, und nahezu alle spannenden Neuheiten der Region. So sieht gelebtes Engagement für den Südtiroler Wein aus.

Auch beim Panholzer (Restaurant, Weinbar & Vinothek) gleich neben dem Weingut Manincor haben wir uns sofort wohl gefühlt. Hier wurde der Preis für Südtiroler Weinkultur in 2018 gewonnen. Definitiv auch ein toller Tipp: der Oberwirt in Marling, der schon in 2012 den Preis geholt hat. Über 500 nationale, aber auch internationale Spitzenweine finden sich hier auf der Weinkarte.

Fazit:

Südtirol war vermutlich noch nie so sehr eine Reise wert wie heute. Überzeugt Euch selbst!